
Herzogin Meghan, Prinz Harry (Januar 2020)
Foto: TOBY MELVILLE / REUTERSMit ihrem Umzug nach Kalifornien haben Herzogin Meghan und Prinz Harry sich neben dem Königshaus auch von der britischen Presse verabschiedet. Doch der Streit mit dieser ist mehr als ein Jahr nach dem »Megxit« noch immer nicht abgehakt. Am Londoner High Court könnte sich in diesen Tagen entscheiden, ob bald Ruhe einkehrt zwischen beiden Seiten – oder die ganz große Schlammschlacht noch bevorsteht.
Meghan und Prinz Harry wollen nicht kampflos akzeptieren, wie tief ihr Privatestes immer wieder an die Oberfläche gezogen wurde. Konkret geht es um eine Klage gegen den Verlag der »Mail on Sunday«, Associated Newspapers, der Anfang 2019 in mehreren Artikeln aus einem privaten Brief von Meghan an ihren Vater Thomas Markle zitierte. Die Herzogin will die Veröffentlichung als unzulässig verurteilt sehen. Es ist längst nicht die einzige Klage dieser Art von Prinz Harry und der Herzogin.
Im aktuellen Fall müssen die Richter nach einem entsprechenden Antrag entscheiden, ob die Royals persönlich vor Gericht erscheinen und aussagen müssen – ein Termin, den Meghan unbedingt vermeiden möchte. Ihre Anwälte wollen an diesem Dienstag bei einer virtuellen Anhörung in London vortragen, warum sie meinen, dass ein Schnellverfahren, ein sogenanntes »Summary Judgement«, ausreicht – also ein Urteil zugunsten der 39-Jährigen ohne tatsächliche Verhandlung mit Zeugenaussagen.
Harry, Meghan und die Öffentlichkeit – es war und ist eine Art Hassliebe. Für die britischen Klatschblätter war Prinz Harry, heute 36, schon seit Teenagertagen ein gefundenes Fressen. Anders als der glattgebügelte, stets königlich lächelnde William lieferte sein jüngere Bruder mit schöner Regelmäßigkeit Stoff für Skandale: Nackter Harry, Harry im Nazikostüm, pöbelnder Harry, knutschender Harry – alles wurde genüsslich ausgeschlachtet.
Jeden Wimpernschlag der Royals zu dokumentieren, ist gute britische Tradition. Nicht nur »Sun« oder »Daily Mail«, auch die Nachrichtenagentur PA berichten über so gut wie jedes Wippen mit dem Fuß, jeden Designerschal am Hals und erst recht über jedes Wort, das den Windsors über die Lippen geht.
Als mit der US-Schauspielerin Meghan Markle 2018 eine weitere Prise Glamour, aber auch afroamerikanische Wurzeln ins Königshaus einzogen, gab es kein Halten mehr. Die Berichterstattung schwankte von Begeisterungstaumel über voyeuristische Paparazzi-Exzesse bis hin zu Kommentaren mit deutlichen rassistischen Untertönen.
Prinz Harry verglich dies mit der Beziehung seiner Mutter, Prinzessin Diana, zur britischen Presse. »Meine größte Angst ist es, dass Geschichte sich wiederholt«, schrieb Harry bereits im Herbst 2019 auf seiner Website. »Ich habe meine Mutter verloren, und nun sehe ich, wie meine Frau den gleichen mächtigen Kräften zum Opfer fällt.«
Gleichzeitig ist es jedoch auch genau jenes überbordende Interesse an ihrem Leben, von dem Harry und Meghan – ganz praktisch im finanziellen Sinne – künftig leben wollen. Für Netflix wollen sie Dokumentationen und Spielfilme produzieren, der geschlossene Vertrag wiegt mehr als 110 Millionen Euro. Auch mit der Streamingplattform Spotify besiegelte das Paar einen Millionenvertrag und ließ beim Podcast-Debüt selbst den einjährigen Sohn Archie vors Mikrofon.
Das ist viel selbst gewählte Öffentlichkeit. Doch ob Streamingcontent, streng kuratierter Fototermin oder Gastbeitrag in der »New York Times«: Harry und Meghan wollen selbst die Fäden in der Hand halten und bestimmen, wie die Welt sie wahrnimmt. Eine streng formalisierte Befragung vor Gericht passt nicht zu dieser sehr bewusst arrangierten Inszenierung.
Thomas Markle, 76, ließ im vergangenen Jahr über den Verlag Associated Newspapers verlauten, er wolle den Prozess, in dem er als Zeuge für den Verlag geladen werden dürfte, am liebsten so schnell wie möglich über die Bühne bringen. Keiner seiner Verwandten sei älter als 80 geworden, auch er könne also schon bald sterben.
Das Gericht überzeugte er damit nicht: Für die Sachlage seien Thomas Markles Aussagen nicht unbedingt entscheidend, hieß es von den Richtern. Außerdem gebe es keine medizinischen Hinweise darauf, dass Markle nicht auch später im Jahr 2021 noch aussagen könne.
Bislang verhindert die Pandemie ohnehin die Reise über den Atlantik – doch das wird nicht ewig so bleiben. Dass Meghan und Harry, wenn es wieder möglich ist, der alten Heimat einen Besuch abstatten, gilt als wahrscheinlich. Ob der Zeugenstand im Londoner High Court Teil der Reiseroute sein wird, ist die große Frage. Für den Boulevard wäre es ein Fest. Offen ist, ob bei der nun für zwei Tage angesetzten Anhörung in London auch eine Entscheidung fällt.
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