»KBV«, TVNow
Sitzen zwei Polizisten im Auto und erzählen sich Flach- und Herrenwitze. Solche dieser Güteklasse: »Sagt er: Ich suche gerade nichts Festes. Sagt sie: Dann werden dir meine Oberschenkel gefallen.« Ein unterirdisches Niveau? Richtig. Und das ist kein Ausrutscher, sondern Konzept der Comedy-Serie »KBV« vom Streamingdienst TVNow. Es geht um Polizisten, die Gangster observieren und die sich, weil nichts anderes passiert, mit Witzen und Geschichten unterhalten. »KBV« steht für »Keine besonderen Vorkommnisse« und bietet laut RTL-Eigenwerbung (der Sender steht hinter TVNow) »hochkarätig besetzte Langeweile«. Beides richtig: Es spielen unter anderem Jürgen Vogel, Denis Moschitto, Andrea Sawatzki und Kida Khodr Ramadan. Und fad ist es auch. Anfangs allerdings wirklich, und nicht zwinkerzwinker-ironisch, wie der Werbespruch es meint. Schlechte Witze bleiben eben schlechte Witze, auch wenn sie ein sichtlich gut aufgelegter Jürgen Vogel mit hässlicher Perücke erzählt. Im Lauf der sechs halbstündigen Folgen allerdings werden die Gespräche immer absonderlicher, und der Zuschauer verfängt sich doch im Netz der Abschweifungen und Absurditäten. Vielleicht liegt es an der grassierenden Corona-Langeweile, dass es einen merkwürdigen Reiz hat, anderen Leuten beim Langweilen zuzuschauen.
»For All Mankind«, Staffel 2, Apple TV+
Gerade war die Welt ganz aus dem Häuschen, weil die Nasa einen Roboter auf dem Mars landen ließ. In der Serienwelt von »For All Mankind« würde das gerade mal für ein Achselzucken sorgen. Dort sind die Menschen ganz anders im Weltall unterwegs: Die USA und die Sowjetunion verlegen den Kalten Krieg schon in den Achtzigerjahren an einen sehr kalten Ort, den Mond nämlich. »For All Mankind« spielt in einem alternativen Universum, in dem die Menschheit viel weiter in den Weltraum vorstößt und viel schneller technische Fortschritte macht. Erstaunlich ist, wie überzeugend das Konzept wirkt, wenn man in diese Welt eintaucht. Dass der Hit »Sweet Dreams« von den Eurythmics über Bildern von Verfolgungsjagden auf dem Mond läuft, kommt einem sehr schnell ganz normal vor.
»House of Cards« – Das Original, Arte-Mediathek
Bevor der Schauspieler Kevin Spacey nach #MeToo-Vorwürfen in der Versenkung verschwand, war er das Gesicht von »House of Cards«. Der Serie, mit der der Streamingdienst Netflix plötzlich auf der Matte stand und sich anschickte, die Film- und Fernsehwelt auf den Kopf zu stellen. Aber weder kam Netflix aus dem Nirgendwo, noch sein erster globaler Hit: Der beruht auf einer britischen Serie von 1990. Für Fans lohnt sich durchaus ein Vergleich. Ablesen lässt sich, wie stark der Regisseur David Fincher seine US-Version mit Anleihen bei der wirkmächtigen Bildsprache des Kinos aufpumpte – dagegen wirkt das Original geradezu schmächtig, dafür konzentrierter. Analog dazu die Unterschiede bei der Hauptfigur: Der Amerikaner Kevin Spacey legte seinen Francis Underwood als offenen Soziopathen an, breitbeinig, sinister, aber auch zugänglich. Der Francis Urquhart des Orginals, verkörpert vom Briten Ian Richardson, einem klassisch ausgebildeten Bühnenschauspieler, ist dagegen ein verschlossener, eiskalter Taktiker. Very British mit stiff upper lip, aber nicht weniger machtbesessen.
Und hier geht es zum aktuellen »Tatort«.
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