ARD-Sonntagskrimi: Der Kieler »Tatort« im Schnellcheck - DER SPIEGEL
Trottel, Trolle, Testosteronmonster: Nach dem Tod einer Discobesucherin bekommt es das Ermittlerteam mit Machos und Incels zu tun. Der »Tatort« als Panorama des Frauenhasses.
Sahin (Almila Bagriacik) und Borowski (Axel Milberg) am Tatort: organisiertes Verbrechen gegen Frauen
Foto: Christine Schroeder / NDR
Das Szenario:
Der beleidigte Mann, die tickende Bombe. Nachdem eine junge Frau misshandelt und tot vor einer Diskothek gefunden wurde, lernen die Kommissarin Sahin (Almila Bagriacik) und ihr Kollege Borowski (Axel Milberg) Frauenhass in unterschiedlichen Ausformungen kennen. Einer der Verdächtigen treibt sich in Internetforen herum, wo sexuell zu kurz Gekommene ihre Misogynie in Gewaltfantasien ausleben. Ein anderer Mann veranstaltet Seminare, wo frustrierte Geschlechtsgenossen sich auf die Brust trommeln und Dominanzgebaren beigebracht bekommen. Frauen werden dort zur Beute deklariert.
Der Clou:
Trottel, Trolle, Testosteronmonster: In diesem »Tatort« verbinden sich die Lamenti der »Incel«-Bewegung, deren Vertreter sich im Netz über ihr »involuntary celibat« (unfreiwilliges Zölibat) beklagen, und das Alphatiergelaber aus Aufreißerseminaren zu einem misogynen Männerchor. Und der geballte Hass führt hier schließlich zum organisierten Verbrechen gegen Frauen.
Das Bild:
Haare ab für den Hass: Nachdem einer der Internettrolle im realen Leben eine weitere Schmach einstecken musste, rasiert er sich vor dem Spiegel den Schädel, um sich danach zu bewaffnen. Ein Travis-Bickle-Moment: Wie Robert De Niro als »Taxi Driver« glaubt der Frauenhasser, mittels einer Anschlagsserie aufräumen zu müssen. Wie sagte De Niros von der eigenen Bedeutungssucht verstrahlter Bickle: »Here is a man who would not take it anymore!«
Der Dialog:
Das Ermittlerteam hat den Internettroll festgenommen und spricht mit Blick aufs Vernehmungszimmer über ihn.
Sahin: »Der hat keinen ideologischen Hintergrund. Der hat ein Problem mit Frauen. Der kann mir ja nicht mal in die Augen schauen.«
Borowski: »Kann er töten?«
Sahin: »Geben Sie mir fünf Minuten mit ihm, und er verliert die Kontrolle.«
Der Song:
»This Is What You Came For« von Calvin Harris featuring Rihanna. »But she's looking at you, ooh, ooh, You, ooh, ooh, you, ooh, ooh
You, ooh, ooh, you, ooh, ooh, You, ooh, ooh, Ooh«, jubiliert Rihanna über einem Power-Riff, während sich der schüchterne junge Mann mit einem Drink einer jungen Frau in einer Disco nähert – die ihn dann ganz anders als die Dame im Song allein am Tresen stehen lässt. Später sehen wir den jungen Mann im Netz Hassbotschaften gegen Frauen verbreiten. Der Korb als Radikalisierungsschub.
Die Bewertung:
6 von 10 Punkten. Auch wenn wir uns gerade bei diesem Thema ein paar vitalere weibliche Charaktere gewünscht hätten: ein aufwühlendes Panorama des Frauenhasses.
0 Response to "ARD-Sonntagskrimi: Der Kieler »Tatort« im Schnellcheck - DER SPIEGEL"
Post a Comment