ARD-Sonntagskrimi: Der Köln-»Tatort« im Schnellcheck - DER SPIEGEL
Der Absturz, der uns alle treffen kann: Ballauf und Schenk ermitteln unter Menschen, die auf der Straße gelandet sind. Ein Obdachlosen-»Tatort« mit einer etwas zu polierten Fassade.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, l.) und Schenk (Dietmar Bär): Ermittlungen auf der Straße
Foto: Martin Valentin Menke / WDR
Das Szenario:
Platte machen auf der Domplatte. Eine Obdachlose wird in der Nacht an ihrem Schlafplatz ermordet. Die Kölner Kommissare Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) ermitteln danach zwischen Dom und Hauptbahnhof unter Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen auf der Straße gelandet sind. Unter ihnen ist auch die junge Ella (Ricarda Seifried), die vor ihrem gewalttätigen Mann geflohen ist.
Der Clou:
Die Obdachlosigkeit als omnipräsentes Risiko: Dieser Krimi soll deutlich machen, dass der gesellschaftliche Absturz jeden treffen kann. Ein ehrenwerter Ansatz – der aber von der mal zu seifigen und mal zu schrillen Inszenierung konterkariert wird.
Natalie Förster (Tinka Fürst) bei Untersuchungen im Obdachlosenmilieu: Mal schrill, mal seifig
Foto: Martin Valentin Menke / WDR
Das Bild:
Das Gewaltopfer Ella schaut von der Domplatte auf die abfahrenden Züge im Hauptbahnhof – eine junge Frau zwischen Absturz und Aufbruch. Ricarda Seifried, die schon als Neonazi in dem Münchner »Polizeiruf« von Jan Bonny über rechte Gewalt überzeugte, bringt die widersprüchlichen Gefühle auf den Punkt. Der Rest des »Tatort« ist leider nicht so traumwandlerisch sicher gespielt und inszeniert.
Der Dialog:
Der alte Kommissar Schenk und die junge Kollegin Förster (Tinka Fürst) sprechen über den Tod des Opfers, bei dem auch die Substanz Fentanyl eine Rolle spielt:
Förster: »Fentanyl sorgt dafür, dass du dich total entspannst. Ich meine total, jeder Muskel. Hörst du einfach auf zu atmen. Prince ist so gestorben. Ihr wisst doch noch, wer Prince war?«
Schenk: »Ha, den habe ich schon gesehen, da warst du noch pures Eiweiß.«
Förster: »Ja, eben deswegen. In eurem Alter ist Demenz ja durchaus ein Thema.«
Der Song:
»Melody X« von Bonaparte: Der Song läuft über einer nächtlichen Sequenz, in der wir obdachlose und vereinsamte Frauen ihre Nachtlager bereiten sehen. »Now you look for love in the times of hate« barmt der Sänger, während uns das etwas zu elegant geschnittene Leidenspanorama präsentiert wird.
Die Bewertung:
4 von 10 Punkten. Hässliche Welt, polierte Fassade: Dieser »Tatort« verliert zuweilen das Elend aus den Augen, von dem seine Schöpfer unbedingt Zeugnis ablegen wollen. Da kann man auch mal den »Tatort«-Treueschwur brechen und ins ZDF umschalten. Da läuft die neue »Ku'damm«-Staffel, die im Schleudergang von Berliner Beat-Ekstase und deutscher Geschichtsvergessenheit erzählt.
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