
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Die königliche Familie, versammelt auf dem Balkon des Buckingham Palace (Juli 2018)
Foto: STR / EPAManchmal sind Welpen mehr als putziger Flausch. Wenn sie zufällig kleine Corgis sind und bei der Königin von Großbritannien einziehen, können zwei Hundekinder schnell mal zum Symbol von nationaler Bedeutung werden. Dass nämlich Elizabeth II., wie am Freitag bekannt wurde, ihr Lockdownquartier auf Schloss Windsor seit Kurzem wieder mit zwei Vertretern der Hunderasse teilt, die seit Jahrzehnten zum Kern ihrer Ikonografie und Folklore gehört, nahmen nur Menschen als harmlose bunte Meldung hin, die sich nur am Rande für die britischen Royals interessieren. Für enger mit den Gepflogenheiten am Hofe vertraute Monarchiefreunde war der Corgi-Code eindeutig: Bei der Queen geht es ans Eingemachte, nervenmäßig.
2015 hatte sie nämlich verkündet, ihre Corgi-Zucht aufzugeben, der sie mit großer Leidenschaft nachgegangen war, seit ihre Eltern ihr 1944 zum 18. Geburtstag Susan geschenkt hatten, ihren ersten eigenen Corgi. Von dieser »foundation bitch«, wie es in korrekter Züchterterminologie heißt, sollten schließlich alle künftigen Würfe im Palast über 14 Hundegenerationen hinweg in direkter Linie abstammen – eine Einmaligkeit, die die Queen unter Corgi-Kennern zur Züchterlegende macht.
Mehr als fünf Jahrzehnte war sie niemals ohne Hund, entsprechend schwer muss es ihr gefallen sein, keinen mehr aufzunehmen, als 2018 der letzte Corgi aus Susans Dynastie starb, doch sie entschied sich dazu, weil sie kein Tier zurücklassen wollte, wenn sie einmal stirbt. Dass die Queen, die im Mai 95 Jahre alt wird, sich nun trotzdem für zwei Welpen entschied, darf man als klares Signal lesen, wie dringend sie gerade den Trost von Hunden braucht, von unerschütterlich loyalen Wesen: Denn ihr Ehemann Prinz Philipp, 99 Jahre alt, erholt sich aktuell noch von einer Herzoperation. Und heute Abend wird das Interview ausgestrahlt.
Symbolgeladener Schlagabtausch
Man darf damit rechnen, dass Prinz Harry und Herzogin Meghan in ihrem Gespräch mit der US-Talkerin Oprah Winfrey – mit der das Paar auch befreundet ist – heftig gegen das Königshaus austeilen werden. Das Gespräch könnte ähnliche Zündkraft entwickeln wie zuletzt das BBC-Interview von Prinzessin Diana, in dem sie 1995 offen über ihre gescheiterte Ehe, psychische Krankheiten und royale Ränkereien sprach – ein klarer, drastischer Bruch mit dem Mantra »never complain, never explain«, das die Queen der royalen Verwandtschaft bislang für alle familiären Angelegenheiten auferlegt hatte.
Die Corgi-Welpen sind nur ein kleiner dramaturgischer Moment in dem symbolgeladenen Schlagabtausch, der in den vergangenen Tagen die Spannung auf das vom TV-Sender CBS inzwischen ausgiebigst angeteaserte Interview immer weiter anheizte. Verwies man palastseitig auf die Taktlosigkeit einer solchen Ausstrahlung, während Prinz Philipp noch im Krankenhaus behandelt werde, gab sich Harry in einem Interview mit Entertainer James Corden als extrem leutseliger Volksroyal mit akutem Blasendruck.
Kündigte das Königshaus an, eine 2018 gegen Meghan eingereichte Beschwerde nun offiziell untersuchen zu wollen, in der diverse Angestellte die Herzogin beschuldigen, sie während ihrer Zeit als aktive Royal gemobbt zu haben, bezichtigen Harry und Meghan den Palast der Lüge und bezeichnen den Vorwurf als Schmähkampagne.
Was diese royale Krise von anderen Palaststreitigkeiten abhebt und deutlich spannender macht als gewöhnliche königliche Skandälchen, ist ihre Komplexität und schillernde Vielschichtigkeit: Der Konflikt zwischen den abtrünnigen Sussexes und dem Königshaus ist ein Vexierbild, das Motive und aufgebaute Erzählweisen beider Seiten aus verschiedenen Blickrichtungen unterschiedlich erscheinen lassen.
Sind Harry und Meghan Opfer eines verkrusteten, überholten Machtkonstruktes – oder nur unzufrieden, dass ihren Selbstvermarktungsplänen das royale Sprungbrett abgesägt wurde? Kommen die Mobbingvorwürfe erst jetzt an die Öffentlichkeit, um Meghan termingerecht zu diskreditieren – oder wollten die angeblichen Opfer zuvor schlicht rücksichtsvolle Diskretion wahren und fühlen sich nun verpflichtet, der Erzählperspektive der Sussexes etwas entgegenzuhalten?
Anders als im überschaubar linear erzählten Märchen kämpfen die echten Royals vor allem eine Schlacht der Narrative. Zu der auch gehört, dass sich die Königsfamilie heute kurz vor der US-Ausstrahlung des Interviews noch einmal als sozial engagierte, um die wirklich wichtigen Belange besorgte Menschen präsentieren wird: Wie es am »Commonwealth Day« Tradition ist, wird die Queen eine Fernsehansprache halten. Unterstützt wird sie in einem TV-Special auf BBC One von Prinz Charles und Herzogin Camilla, Prinz William und Herzogin Kate, die unter anderem mit Angestellten aus dem Gesundheitssektor sprechen werden, um auf deren besondere Leistungen während der Coronakrise aufmerksam zu machen.
Was dann folgt, wird sich zumindest die Queen nach Verlautbarung des Palastes nicht anschauen. Um 2 Uhr deutscher Zeit will CBS das Interview von Oprah Winfrey mit Harry und Meghan ausstrahlen – wenn nicht noch ein überraschender Plot-Twist eintritt, auf den zumindest die Freunde von Verschwörungsmythen spekulieren. Denn wenn es um den Kampf der Narrative geht, liefern natürlich auch sie ihren blumigen Munkelbeitrag: Demnach sei Prinz Philipp schon in den vergangenen Tagen verstorben – der Palast habe die Verkündung aufgeschoben, um damit in letzter Minute die Ausstrahlung des Interviews zu verhindern.
Das Wichtigste zum Interview lesen Sie Montagmorgen auf SPIEGEL.de. RTL zeigt das Gespräch ab 15 Uhr in voller Länge. VOX zeigt es um 22.15 Uhr in Form eines »Prominent Spezials«
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