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Sophia Thiel: „Krasse Leere, Taubheit. Als ob ich mich aufgelöst hätte“ - WELT

Sie sagt, sie wisse gar nicht so recht, wie sie anfangen soll. „Im Mai sind es nun ja schon zwei Jahre, seitdem ich komplett von der Bildfläche verschwunden bin“, sinniert Sophia Thiel. Sie sitzt in dem rund 24 Minuten langen Video an einem Esstisch, hinter und neben ihr Gegenstände aus Bastgeflecht und Rattan: Barhocker, Stühle, Spiegel, Essensmatten. Das Video trägt den Titel: „Die Wahrheit hinter meiner Auszeit“. Sophia Thiel ist Fitness-Influencerin, eine der einflussreichsten Deutschlands. Über 1,1 Millionen Menschen folgen der 25 Jahre alten Rosenheimerin allein bei Instagram.

Die Frage damals war, als sie urplötzlich von der Bildfläche verschwand, was um Himmels willen geschehen war. Schweigen statt Omnipräsenz. Sie habe psychische Schwierigkeiten, hieß es aus ihrem Umfeld. Was genau, wurde nicht bekannt.

„Die Auszeit war von mir nie geplant“, berichtet Thiel nun, „ich hatte in meinen Augen keine andere Wahl.“ Sie müsse ein wenig ausholen, sagt sie, in die Jahre 2018, 2019 zurückgehen. Viel los war da bei ihr, das Geschäft musste laufen, sie habe nicht Nein sagen können. Elf Projekte gleichzeitig hat sie bewältigt und gedacht: „Mit einer guten Tagesplanung, mit genug Disziplin und Willensstärke kriege ich das eh alles hin.“

Weil sie ihre Grenzen aber nicht gekannt habe, wie sie berichtet, kamen „gewisse Sachen von früher hoch, eine gewisse Problematik bei mir“. Was das war, führt sie nicht näher aus. Anfang des Jahres 2019 eskalierte es dann. Ihr Pensum für ihre geschäftlichen Aktivitäten, Training, jeden Tag Diät halten wegen ihrer Gewichtsschwankungen.

Sophia Thiel flog nach Los Angeles. Eine Flucht

„Das wurde mir dann irgendwann zum Verhängnis. Ich habe gemerkt: Irgendetwas läuft nicht mehr wie zuvor, irgendetwas ist in mir kaputtgegangen. Ich prügelte meinen Körper dahin, aber er wollte nicht mehr“, sagt sie. Dann war es an einem Abend so, „als ob man in ein schwarzes Loch ohne Boden fällt. Der nächste Moment, an den ich mich erinnern kann, war, dass ich in einer Hotellobby sitze, heulend, in irgendwelchen Gammelklamotten, Haar zum Dutt, ungeschminkt.“

Einige Dinge waren zuvor schiefgelaufen, so erzählt sie es, sie habe die Kontrolle verloren – und dann für sich den Entschluss gefasst: Entweder gibt es eine Lösung, oder es ist mit allem Schluss. „Alles, was ich bisher aufgebaut habe“, sagt sie mit zittriger Stimme, „ich habe nicht mehr genau gewusst, was ich will, wo ich hinwill. Ich wusste nur: Ich muss jetzt Abstand von dem ganzen gewinnen. Ich konnte so nicht mehr weitermachen.“

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Sie packte ihre Koffer, fuhr nach München. Es war aus ihrer Sicht kein Burn-out, „so hat es sich nicht angefühlt. Es war eine krasse Leere und Taubheit in mir drinnen. Als ob ich mich aufgelöst hätte.“ Keine Freude mehr, sie wusste nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen solle.

Sie buchte dann einen Flug nach Los Angeles. Allein, so weit weg wie möglich. Das war ihre Maxime. Gold‘s Gym, Strand und Sonne: „Wenn ich meine Motivation wiederfinden will, dann an diesem Ort, dachte ich. Leider nimmt man seine Probleme überall mit hin. Ich hatte sie quasi mit im Gepäck“, sagt sie. Ihr sei es dort noch viel schlechter gegangen als in Deutschland.

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Sie stellte sich dann die Frage, wann in ihrem Leben sie glücklich war – und womit. Sie beantwortete es mit bewusster Ernährung, regelmäßig Sport treiben, Zeit mit geliebten Personen verbringen. Sie trainierte drei Monate lang nicht, so eine lange Pause gab es in ihrem Leben noch nie. Danach musste sie quasi bei null anfangen, so berichtet sie es.

„Zurück in Deutschland kam dann wieder ,Dampflok Sophia‘ zum Vorschein. Aus dem Loch Vollgas die Kontrolle übernehmen. Ich bin in alte Muster zurückgefallen. Ich wollte die Kontrolle über meinen Körper übernehmen“, erzählt sie. Wie einst. 2018 etwa habe sie vier Stunden am Tag trainiert, die Mahlzeiten aufs Gramm genau abgewogen, selbst Tomaten und Salat. „Ich dachte, ich muss bei mir mit absoluter Härte vorgehen. Ich dachte: Mein Körper ist ein Arschloch und ich muss ihn unterwerfen“, sagt sie. Die extreme Strenge mit sich selbst sei für sie „wie eine Ohrfeige gewesen. Je mehr ich in Form war, je länger ich diese extreme Diät und das Training gemacht habe, desto höher war die Rechnung, die ich zahlen musste.“

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In ihrer Auszeit war es dann so, dass sie als einstiges Fitnessmodel den Zwang verspürte, nur so makellos wieder vor ihr Social-Media-Publikum treten zu können, wie sei einst war. Gestählt, in Form, ohne ein paar Kilos mehr. „Die Uhr tickte bei mir“, sagt sie. Corona im Frühling des vergangenen Jahres machte ihr dann allerdings einen Strich durch die Rechnung. Die Fitnessstudios schlossen. Ihr hatte, berichtete sie, ihr regelmäßiges Training, ihre Ernährungspläne, ihre Tracking-App Sicherheit gegeben. Routine, Gewohnheiten. „Es war mein Regime. Wenn ein Plan umgeworfen werden musste, gab es innerlich Chaos. Ich drehte durch“, sagt sie. Ihr Comeback war an sich für den April 2020 geplant. Alles lief ihr nun aber wieder aus dem Ruder. Sie hatte einen Rückfall, „ich verlor wieder den Boden unter den Füßen“.

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Ab Sommer des vergangenen Jahres entwickelte sich dann für sie alles zum Besseren, „zum Schöneren“, wie sie sagt. Wodurch, weshalb? Unklar, sie lässt das bewusst offen. Jedenfalls stellte sich Normalität ein in ihren Alltag, „ich fand wieder einen Draht zu mir, spürte mich wieder. Ich habe das Gefühl, ich kann wieder ich selbst sein, und es steht nicht immer nur mein Körper, mein Körperfettanteil, mein Muskelanteil, mein Gewicht und meine Rolle auf Social Media im Vordergrund. Ich hatte immer das Gefühl, ich konnte nicht wirklich ich sein.“

Sophia Thiel ist aus dem herausgekommen, was sie „mein Schwarz-Weiß-Denken“ nennt: extremes Training, extreme Ernährung, extreme Disziplin. Alles in allem: ein extrem enges Korsett für Gedanken, Gefühle, für Neues. Thiel sagt, sie sei gesundet, seelisch. Konkreter will sie in einem neuen Video werden. Ihr Social-Media-Leben wird weitergehen.

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